Zum Erbrecht bei kinderlosen Ehepaaren

Haben Ehegatten keine Nachkommen, erbt im Todesfall der überlebende Ehegatte automatisch alles. Stimmt das?

 

Nein, es ist nicht korrekt, dass der überlebende Ehegatte automatisch das ganze Vermögen erbt. Zwar ist es mit dem Inkrafttreten des neuen Erbrechts am 01.01.2023 (noch) einfacher geworden, eine solche Regelung zu treffen, aber es ist entscheidend, dass eine solche Regelung in der vom Gesetz dafür vorgeschriebenen Form tatsächlich getroffen wird. Andernfalls kommt die vom Gesetz vorgesehene Erbfolge zur Anwendung und diese besagt, dass neben dem überlebenden Ehepartner auch die Eltern des verstorbenen Ehegatten und bei Fehlen eines oder beider Elternteile die (Stief-)Geschwister des Verstorbenen miterben, nämlich total 25 % der Erbschaft, der überlebende Ehegatte erhält «nur» 75 %.

 

Was also können kinderlose Ehepaare tun, damit der überlebende Ehegatte das ganze Vermögen erbt?

 

  1. Jeder Ehepartner kann in einem Testament für den Fall, dass er vor seinem Ehepartner verstirbt, den überlebenden Ehepartner als seinen Alleinerben einsetzen. Zwecks Gültigkeit muss dieses Testament entweder vollständig von Hand abgefasst sein oder es wird durch eine Notarin oder einen Notar öffentlich beurkundet.
     
  2. Ehepartnern steht auch die Möglichkeit offen, die Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Alleinerben in einem gemeinsamen Erbvertrag zu vereinbaren. Dieser Erbvertrag muss zwingend durch eine Notarin oder einen Notar öffentlich beurkundet werden, damit er formgültig ist.
     
  3. Unter bisherigem Recht (vor dem 01.01.2023) war eine häufig praktizierte und heute nachwievor denkbare Methode, einen Ehevertrag auf Wahl des Güterstandes der Gütergemeinschaft abzuschliessen und darin zu vereinbaren, dass der überlebende Ehegatte das ganze sogenannte Gesamtgut – was in praktischer Hinsicht sehr oft dem gesamten vorhandenen Vermögen beider Ehepartner entspricht – zugewiesen erhält. Der Ehevertrag wurde oft durch ein Testament oder einen Erbvertrag gemäss den Ziffern 1. und 2. ergänzt. Diese Variante (Ziffer 3.) wird aufgrund des am 01.01.2023 weggefallenen Pflichtteilsschutzes der Eltern wohl seltener gewählt werden. Ein Ehevertrag auf Wahl der Gütergemeinschaft muss von einer Notarin oder einem Notar öffentlich beurkundet werden, damit er gültig ist.
     

 

Nur wenn mit einem formgültigen Testament oder Erbvertrag der überlebende Ehegatte explizit als Alleinerbe bestimmt wurde, sind die Eltern und (Stief-)Geschwister vom Erbe wirklich ausgeschlossen und sie können diese Alleinerbeneinsetzung im Normalfall nicht anfechten, da sie nicht pflichtteilsgeschützt sind.

 

Wichtig: Bei der «Testament-Variante» (Ziffer 1.) müssen Sie daran denken, dass es vom Zufall abhängt, in welcher Familie letzten Endes das gemeinsame eheliche Vermögen «landet». Stirbt zuerst der Ehemann, gelangt es an die Familie der Ehefrau (weil diese Zweitversterbende ist) und umgekehrt. Dieses Zufallsprinzip kann man mit einem Erbvertrag verbindlich ausschliessen (vgl. Variante gemäss vorstehender Ziffer 2).

 

Sie haben keine Nachkommen und möchten, dass Ihr Ehepartner das Erbe nicht mit Ihren Verwandten teilen muss? Wir beraten und unterstützen Sie gerne.